Jagd- und Sommerresidenz der Herzöge Sachsen-Altenburg und des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. König von Preußen
Im Jahre 1880 wurde von den kaiserlichen Hofarchitekten Ernst Eberhard von Ihne und Paul Stegmüller im Auftrag des Herzogs Ernst I. von Sachsen-Altenburg der Bau eines neuen repräsentativeren Jagdschlosses in Hummelshain, des heutigen Neues Jagdschloss Hummelshain, geplant. Dieses zwischen 1880 und 1885 erbaute Schloss Hummelshain war der letzte Schlossneubau in Thüringen und gehört heute neben dem Schloss Kronberg, dem jetzigen Schlosshotel Kronberg / ehemals Schloss Friedrichshof zu den modernsten und schönsten Schlossbauten Deutschlands. Weithin sichtbar und damit erster Blickfang ist der ca. 48 Meter hohe imposante Turm des Schlosses mit seinem umlaufenden Arkadenrundgang und den vier Ecktürmen.
Erbaut vom Architekten des Kaiser Wilhelms II.
Ernst Eberhard von Ihne (1848-1917) Zu Unrecht wurde Ernst Eberhard von Ihne oft übergangen, wenn von großen deutschen Baumeistern des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts die Rede ist. Dass der am 23. Mai 1848 in Elberfeld geborene und im Jahre 1906 in den Adelsstand erhobene Hofarchitekt Kaiser Wilhelms II. in der Reichshauptstadt so bemerkenswerte Bauten wie das Kaiser-Friedrich-Museum auf der Museumsinsel (das heutige Bodemuseum), die Staatsbibliothek Unter den Linden, den Marstall am Schloßplatz, die Akademie der Künste am Pariser Platz, die Monbijoubrücke, die Bauten der Kaiser-Wilhelms- Gesellschaft in Dahlem, die Architekturen für das Kaiser-Wilhelm-Denkmal auf der Schloßfreiheit sowie in Potsdam den Kaiserbahnhof und vieles andere geschaffen hat und maßgeblich am Umbau des Berliner Schlosses zum repräsentativen kaiserlichen Sitz beteiligt war, wurde erst wieder im Zusammenhang mit seinem 150. Geburtstag 1998 anerkennend erwähnt.
Der erste größere Auftrag kam allerdings nicht von den Hohenzollern, sondern von Herzog Ernst I. von Sachsen-Altenburg (1826-1908), für den Ihne, zusammen mit Paul Stegmüller, das Jagdschloss Hummelshain bei Kahla in Thüringen in den Jahren 1880-85 baute. Ursprünglich war lediglich ein Umbau vorgesehen, doch recht bald entschloss sich der Herzog zu einem Neubau.
Der Auftrag für einen Neubau war ihnen bereits im Herbst 1878 erteilt worden. Dieser Auftrag ist in höchstem Maße erstaunlich, weil beide vorher keinen Um- oder gar Neubau vorzuweisen hatten und alleine die Rohbaukosten 500.000 Mark betrugen.
Unabhängig von der hier nicht zu beurteilenden architektonischen Qualität hatte das Büro Ihne & Stegmüller damit vor allem auch einen publizistisch-werbetechnischen Erfolg: Auf Ausstellungen der Königlichen Akademie der Künste waren sie mit Zeichnungen des Schlosses vertreten, und vom "Architektonischen Skizzenbuch" über die "Deutsche Bauzeitung" bis hin zum "Wochenblatt für Architekten und Ingenieure" berichteten viele wichtige Architekturzeitschriften über diesen Bau. Ihne und Stegmüller verfassten einen eigenen Bericht über den Bau, der ausführlich die Auftragsvergabe, die Vorgaben des Bauherrn und die Ausführung beschreibt. Bemerkenswert ist der Schluß, in dem sie ihren Berufskollegen wünschten, "ein so liberales und wahrhaft vornehmes Entgegenkommen zu finden, wie wir von Seiten unseres hohen Bauherrn." Von dem Wahrheitsgehalt dieser Aussage einmal abgesehen, zeigt sie doch die wohlerzogene Höflichkeit, die Ihne im Umgang mit hohen Auftraggebern an den Tag legte.
Die Fertigstellung des Baus war auch der Grund für die Verleihung des Ritterkreuzes II. Klasse des Herzoglich Sachsen Ernestinischen Hausordens am 20. Juni 1885 durch Herzog Ernst zu Sachsen-Altenburg. Ursprünglich hatte der Herzog sogar beabsichtigt, Ihne & Stegmüller den Charakter eines "Herzoglichen Hofbauraths" zu verleihen, da den beiden "nach vertraulichen Andeutung ein Titel - mehr als ein Orden - willkommen sein würde". Vielleicht zerschlug sich dies, weil eine Charakterverleihung nur unter der ausdrücklichen Bedingung von den preußischen Behörden gestattet worden wäre, dass Ihne & Stegmüller sich nicht bloß "Hof-Bauräte", sondern stets als "Herzoglich Sachsen-Altenburgische Hofbauräte" zu bezeichnen gehabt hätten. Den Nekrologen zu Ihnes Tod zufolge war es dieser Bau, der die Aufmerksamkeit der Kronprinzessin Victoria und ihres Sohnes Wilhelm erregte und der zum Auftrag für die Inneneinrichtung des Kasinos des Leibgardehusarenregiments führte.
Quelle: Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 4/2000 und HUMBOLDT-UNIVERSITÄT ZU BERLIN, DISSERTATION DIE REKONSTRUKTION DES ARCHITEKTEN-NACHLASSES ERNST VON IHNE (1848-1917) OLIVER SANDER